Eine offizielle Karte, die „unser Dorf“ zeigt, gibt es nicht. Ja nicht einmal die Straße zum Dorf ist eingezeichnet. Kaum zu glauben! Wir sind doch gewohnt, ein jedes Haus per Google-Maps zu finden. Ban Muang Long, so heißt der Ort, liegt eigentlich nahe bei der Hauptstadt Vientiane. Nach 4 Stunden Fahrtzeit mit PKW gelangt man über eine zunächst überfüllte Straße, später staubig rote Piste zu unserem Dorf.
Von Fotos her kannte ich die Baustelle bereits. Die Dorfeinwohner mussten die Lohnleistung selber erbringen. Die Baumaterialien wurden gestellt. Die Fotos aus der Bauzeit zeigen dann auch Männer und Frauen – letztere sogar mit kleinen Kindern am Rücken – und Jugendliche beim Bau. Trotz, oder gerade wegen der einfachen Hilfsmittel, gebührt dem Geschick der Laoten großer Respekt.
Von der ersten Idee bis zur Einweihung der Schule gab es mehr und mehr Informationen zu dem bisher mir unbekannten Land Laos. Das erste Bild war ein romantisches, nahezu unberührtes Reiseziel, Hauptattraktion der Grenzfluss Mekong.
Ziemlich schnell wurde mir auch bewusst, welch unglaubliche Mengen an Bomben auf das Land während des Vietnamkrieges fielen. Zwischen 1964 und 1973 wurden 2 Mio. Tonnen an Bomben abgeworfen. Blindgänger, vor allem die vielen Kleinst-bomben (sogenannte Bombies), stellen nach wie vor ein Riesenproblem für das Land dar.
Maßgeblich für die Verwirklichung des Objektes war die Hilfe von Viktor Wlasenko, ein Architekt in Unruhestand. Er hat bereits mehrere Hilfsprojekte in Myamar initiiert und zur erfolgreichen Fertigstellung begleitet. Unsere Idee zu einem Projekt in Laos hat er begeistert aufgenommen, alle Kontakte hergestellt und vorab das von der GLAD vorgeschlagene Dorf besichtigt. GLAD ist eine Kurzform für Deutsch- Laotische Gesellschaft. Chef ist hier Herr Hatsdong, ein quirliger Laote, den es nach mehreren Jahren in Berlin wieder zurück nach Laos zog. Vorsitzender ist Wolfgang Schunke, ein sehr erfahrener Entwicklungshelfer, offiziell in Pension, jedoch über die GLAD weiter aktiv tätig. In dieser Konstellation gelang sehr sinnvoll, ohne Verluste, in das Hilfsprojekt zu investieren.
In Ban Moang Long ist unsere Schule das einzige Massivhaus. Die Wohnhäuser sind kleine Holz-/Bambushäuschen. Die Bevölkerung ernährt sich einfach, viel von Wurzeln und vor allem auch Reis. Dieser wird als Trockenreis an Hängen angebaut. Die Gegend ist hier hügelig und dicht bewaldet. Ohne Info hätte ich das als Urwald bezeichnet. Tatsächlich sind viele Bereiche abgeholzt und mit Kautschuk-Plantagen überzogen. Hier wird für den chinesischen Markt produziert.
Am Tag der Einweihung kommen wir mit einstündiger Verspätung an. Das gesamte Dorf ist versammelt. Für uns „Prominente“ ist ein Podium im Vordachbereich der Schule aufgebaut. Für die Männer des Dorfes wurde ein Zelt mit den Schulbänken errichtet. Frauen und Kinder stehen seitlich. Der Vizegouverneur, der Minister für ethnische Angelegenheiten, und die Abgeordnete der Provinz waren bereits anwesend, der deutsche Botschafter kam mit zwei Stunden Verspätung – er hatte sich verfahren.
Die GLAD und die Regierungsvertreter haben alles perfekt organisiert. Ein riesiges Einweihungsplakat hängt an der Wand und auch Mikro + Lautsprecher fehlten nicht.
Es folgten eine Reihe von Grußworten und Dankesreden. Meine Rede wurde simultan von Hatsdong übersetzt. Der Minister für ethnische Angelegenheiten war sogar mit einem I-Pad bewaffnet und griff spontan Inhalte meiner Rede auf. Er empfahl, den Einwohnern die Entwicklung des Dorfes selbst aktiv in die Hand zu nehmen.
Es folgten Tanzeinlagen von jungen Mädchen und Frauen in schicken ortsüblichen Trachten und anschließend eine sogenannte Basi-Zeremonie. Viktor hatte noch einen Kubikmeter Schulmaterial und Spielzeug besorgt. Wir erhielten selbst Geschenke, wie Flöten aus Bambus sowie ein selbst gebautes Musikinstrument, eine Art zweisaitige Gitarre mit Streichbogen. Das beeindruckendste war die Aufregung und Freude in den Gesichtern aller.
Der Dorfälteste hatte mit Viktor gewettet, dass das nicht so schnell gehen wird. Ein Jahr nach erster Besichtigung war Einweihung und davor ist die Schule mit 5 Klassenzimmern schon 3 Monate in Betrieb.
Ich konnte abreisen mit dem guten Gefühl, dass in diesem, vom Krieg geplagten Entwicklungsland, die Hilfe bestens angelegt sei. Die Dorfbewohner gehören zu der ethnischen Gruppe der Hmong. Diese stand, oder steht teilweise noch, in Konflikt zur Regierung.
Die Schule hat 23.000 € gekostet. Die Lohnleistung erbrachten die Dorfbewohner. Die 5 Räume bieten Platz für über 150 Schüler. Probat hat sich hier mit 15.000 € beteiligt, weitere Spenden kamen von der Mirja-Sachs-Stiftung, Viktor Wlasenko und dem Lions Club Gmund.
Ohne die Mithilfe von Viktor Wlasenko wäre das Hilfsprojekt nicht entstanden. Weiter gilt unser Dank vor allem der GLAD, hier Wolfgang Schunke und Hatsdong.
gez. Josef Rieger